Anti-Zeckenmittel ohne Biss
Zecken sind eine Plage, ohne Frage. Jeder Hundebesitzer hasst sie, viele fürchten sie sogar. FSME und Borreliose sind jedes Jahr wieder Thema, in Arztpraxen hängen Plakate und im Radio wird dazu aufgefordert sich „gegen Zecken impfen“ zu lassen. Bevor wir uns jetzt wirksamen Anti-Zecken-Mitteln widmen möchte ich gern ein wenig über Zecken allgemein aufklären.
Das Märchen von der Zeckenimpfung
Zuerst einmal: Eine Impfung „gegen Zecken“ gibt es nicht. Das ist schlichtweg Humbug und eine Fehlinformation, die ich als recht gefährlich betrachte. Man kann sich gegen FSME impfen lassen, eine Krankheit, die von Zecken übertragen wird. FSME ist alles andere als spaßig, es zeigt sich in Fieber das wieder verschwindet und nach 1-3 Wochen entzünden sich die Hirnhäute. Übelkeit, Nervenausfälle und Lähmungen sind die Folge. Kopfschmerzen und Lähmungen können noch Monate anhalten. 0,5% der Betroffenen sterben, bei Kindern heilt die Krankheit in der Regel ohne Folgen aus, Senioren sind da wesentlich gefährdeter. Da FSME ein Virus ist kann man außer den Symptomen nichts weiter behandeln.
Eine Freundin von mir hatte letztes Jahr FSME und es ging ihr wirklich dreckig. Inzwischen ist sie aber komplett wieder hergestellt, geblieben ist lediglich ein leichtes Zittern der Hände ab und zu. Eine Impfung kann sie sich jetzt sparen denn wenn man einmal FSME hatte ist man immun. Dennoch erkranken nur etwa 10% derjenigen, die sich infiziert haben.
Borreliose und FSME
Was viele leider nicht wissen: Borreliose wird ebenfalls von Zecken übertragen und dagegen gibt es keine Impfung – jedenfalls nicht für den Menschen. Wohl aber für Hunde. Die kann man dagegen nicht gegen FSME impfen lassen. Und Borreliose ist wesentlich heimtückischer als FSME da man auch Jahre später noch „Spaß“ daran hat. Borreliose ist zudem häufiger als FSME. Und sie ist unheimlich schwer zu diagnostizieren, da eine ganze Latte von Symptomen auftreten kann, aber nicht muss. Bekannt ist die Wanderröte, also ein roter Kreis oder Ring, der sich Tage nach dem Zeckenstich zeigt. Aber nicht jeder der Borreliose hat zeigt diese Röte. Auch hier wieder ein paar Zahlen: Je nach Region tragen 5-35% der Zecken Borrelien in sich. Die Wahrscheinlichkeit sich zu infizieren liegt zwischen 1,5 und 6%. Und von diesem Prozentsatz bekommen nur 0,5 bis 1,5% wirklich eine Borreliose. FSME beim Hund ist ebenso selten wie Borreliose beim Hund.
Was Du über Zecken noch wissen solltest
Wie man sieht kann man sich also nicht „gegen Zecken impfen“ lassen. Im Folgenden möchte ich noch ein paar allgemeine Infos zu Zecken loswerden. Jeder Hundebesitzer hat vermutlich schon festgestellt, dass es zeckenlose Tage gibt und solche, an denen man ihnen kaum Einhalt gebieten kann. Dass Zecken nicht von Bäumen fallen sondern im Gras leben weiß inzwischen hoffentlich jeder. An den Grashalmen krabbeln sie 40 bis 80 cm hoch und warten dann auf einen geeigneten Wirt. Wie hoch sie klettern liegt an der Luftfeuchtigkeit. Je höher diese ist desto höher klettern sie auch. Je niedriger desto weiter unten am Grashalm halten sie sich auf. Ist die Luftfeuchtigkeit zu niedrig dehydrieren sie, daher suchen sie bei schönem Wetter Schutz in den Tiefen wo es feuchter ist.
Zecken suchen sich ihre Opfer nach Geruch aus, Körperwärme ist ein weiterer Faktor. Außerdem reagieren sie auf Licht und Schatten sowie Erschütterungen. Sie springen übrigens nicht auf ihren Wirt sondern lassen sich im Vorbeigehen einfach abstreifen. Zecken können Jahre ohne Nahrung überleben, in freier Natur 3 bis 5 Jahre, im Labor sogar bis zu 10. Neben Ammoniak, Kohlendioxid und Milchsäure orientieren sich Zecken vor allem an Buttersäure. Diese wird durch Atem und Schweiß abgegeben. Bei der Auswahl ihres Stichplatzes sind sie sehr wählerisch und suchen sich vor allem leicht feuchte Regionen die gut durchblutet sind wie Kniekehle, Ohransatz, Leiste und Haaransatz.
Natürliche Anti-Zeckenmittel
So, jetzt kommen wir dann endlich auch mal zum Punkt und zu den Anti-Zeckenmitteln. Ich bin jemand der es immer ganz genau wissen will und sich Dinge gerne herleitet. Man liest ja immer wieder, dass Kokosöl gegen Zecken helfen soll. Die Wirksamkeit wurde von zahlreichen Hundebesitzern immer wieder bestätigt. Wenn man Kokosöl zu diesem Zweck kauft soll man auf jeden Fall eines in Bioqualität und kaltgepresst nehmen da es den meisten Gehalt von Laurinsäure aufweist. Kokosöl hat einen Laurinsäuregehalt von bis zu 59%.
Bei Laurinsäure handelt es sich um mittelkettige Fettsäuren. Diese haben ziemlich spannende chemische Eigenschaften. Mittelkettigen Fettsäuren schaffen es die Membran von Viren zu zerstören und so von innen heraus das Virus zu vernichten. Gleiches gilt für (grampositive) Bakterien, Mikroben und Pilze. Kokosöl ist also ein echtes Wundermittel. Die Laurinsäure ist es auch, die Zecken abschreckt. In einem Versuch* wurde nachgewiesen, dass schon eine 10%ige Laurinsäurelösung reichte, um 80-100% der Zecken abzustoßen. Auf der Haut sieht das Ganze zwar etwas anders aus, aber es waren immer noch etwa 88% der Zecken, die das Weite suchten. Wenn Du Deinen Hund also völlig ungiftig vor Zecken schützen willst reibst Du ihn vor jedem Spaziergang mit Kokosöl ein, am besten am Bauch und an den Beinen. Die Wirkung hält etwa 6 Stunden an, danach braucht es eine neuerliche Einreibung.
Kokosöl auf Mission
Da wir mit Kokosöl keinen sehr großen Erfolg hatten (wir scheinen da eher die Ausnahme zu sein) und mich zudem die Schmiererei mit anschließend Millionen von Haaren zwischen den Fingern tierisch genervt hat waren wir weiterhin auf der Suche nach einer Alternative. Schwarzkümmelöl gegen Zecken war 2014 die Entdeckung des Jahres. Die Anwendung klingt simpel denn man gibt das Öl einfach übers Futter. Eine Bekannte aus der Hundeschule bekräftigte mich in meinem Entschluss denn schon seit Januar bekommt ihr Labrador jeden Tag einen halben Teelöffel Öl. Stand im Mai: 0 Zecken. Bei uns: 10-15 am Tag an der Fluse, 2-3 am Terrier (ich vermute, dass er schlichtweg unter dem Radar der Zecken durchwandert die ja, wie wir jetzt wissen, auf einer Höhe von 40 bis 80 cm lauern).
Also kaufte ich Schwarzkümmelöl im hiesigen Reformhaus und ließ mich beraten. Die nette Dame riet mir zu Kapseln statt einer Flasche da das Öl angeblich nach 6 Wochen ranzig wird und dann seine Wirkung verliert. Man kann sie unters Futter mischen oder aufstechen. Die erste Kapsel testete ich gleich an mir selbst und wäre fast daran erstickt. Ich kann ohne Probleme zwei große Magnesiumtabletten auf einmal schlucken, scheiterte aber an dieser Kapsel. Bei der Fluse hatte ich größere Hoffnung und gab eine in seinen Napf. Am nächsten Tag entdeckte ich eine besonders riesige, eklige und noch dazu rote Zecke. Ich drehte und wendete sie und musste feststellen, dass es sich dabei um die von ihm aussortierte Kapsel handelte.
Das Ölkapsel-Desaster
Ab da ging die Aufstecherei los. Jeder Hund bekam eine Kapsel einmal täglich. Die Hälfte des Öls klebte an Fingern, dem Messer oder der Schere. Aber: Es stellte sich als wirksames Mittel gegen Zecken heraus, zumindest beim Terrier. Vielleicht dauerte es bei der Fluse einfach länger. Er bekam dann zwei Kapseln. Leider war das immer noch nicht genug – allerdings waren es weniger Zecken. Als wir mit drei Kapseln am Tag starteten reichte die Packung noch etwa zwei Tage lang. Also bestellte ich eine Flasche, zumal die Bekannte aus der Hundeschule sagte, ihre sei noch vom letzen Jahr und es wirkt immer noch.
Es handelte sich natürlich um ein hochwertiges Öl das ich bestellte, sogar Bio. Und schon nach wenigen Tagen ging es beim Terrier wieder los mit den Zecken, bei der Fluse war der Status unverändert bei 8-10 Zecken an Spitzentagen. Man muss also leider sagen, dass Schwarzkümmelöl nicht gleich Schwarzkümmelöl ist, aber so ist das eben in der Natur. Inzwischen wurde mir das Öl von Mevlana empfohlen, interessant ist, dass in der Beschreibung steht, dass es ungefiltert ist.
Ist Schwarzkümmelöl toxisch?
Es gibt übrigens immer mal wieder Hinweise darauf, dass Schwarzkümmelöl länger eingenommen toxisch wirkt. Darum habe ich mich natürlich auch gekümmert. Wer zur Zeckenabwehr Schwarzkümmelöl benutzt sollte unbedingt darauf achten, dass es sich dabei um Öl aus der Pflanze Nigella sativa L. handelt. Es gibt nämlich auch noch Nigella dameascena L., eine Zierpflanze die auch türkischer Kümmel oder Gartenschwarzkümmel genannt wird. Und diese kann länger eingenommen tatsächlich toxisch wirken. Bei Nigella sativa sind 2 ml pro kg Körpergewicht unproblematisch.
In der Zwischenzeit haben wir uns sehr wirkungsvoll anderweitig beholfen und das dürfte jetzt für alle etwas völlig neues sein denn auf Deutsch habe ich rein gar nichts dazu gefunden. Dieamerikanische Quelle fand täglich ebenso viele Zecken an ihrem Hund wie die Fluse hat. Als sie einen Artikel über ein natürliches Insektizid gelesen hat fühlte sie sich inspiriert und testet es nicht nur gegen Insekten rund ums Haus sondern auch an sich und ihrem Hund. Seitdem sie es benutzt, hatte weder sie noch ihr Hund Zecken. Ihr Naturmittel gegen Zecken ist Rosengeranien-Öl.
Rosengeranienöl gegen Zecken
Da ich eine passionierte Sammlerin bin und meine Sammlung von ätherischen Ölen beinahe ebenso groß ist wie die von Nagellack (ich nenne keine Zahlen *hust*) fand ich tatsächlich ein Fläschchen Rosengeranien-Öl und testete es flugs aus. Auf 50 ml Sonnenblumenöl gab ich 9 Tropfen ätherisches Öl. Seitdem bekommen die Jungs vor dem Gassigehen ein paar Tropfen unter die Achseln. Und was soll ich sagen: Es ist ein wirksames Mittel gegen Zecken. Zecken haben wir nur noch dann wenn wir es vergessen oder wenn mal wieder ein besonders schlimmer Zeckentag ist. Es sind aber definitiv weniger als noch im Frühjahr. Die Fluse (40 kg) bekommt unter die Achseln davon jeweils 5 Tropfen, also insgesamt 10, der Terrier (7 kg) insgesamt 4 Tropfen. Geranienöl wird gern zur Hautpflege eingesetzt und ist in der Regel absolut verträglich. Wie alle ätherischen Öle – bis auf ganz seltene Ausnahmen – sollte man es nie unverdünnt anwenden da es zu Hautreizungen führen kann.
Es gibt zahlreiche andere Möglichkeiten seinen Hund chemisch vor Zecken zu schützen. Für uns kamen diese nie in Frage da der Terrier nun einmal ständig an der Fluse herumlutscht. Mir ist es daher einfach zu heikel, irgendwas ins Fell zu geben. Jeder, der bisher Chemie benutzt hat sollte sich diesen interessanten Artikel einmal durchlesen. Zu einem sehr ähnlichen Schluss kommt Anke hier unter dem Punkt „Giftstoffe und Säure-Basen-Haushalt“ – Chemie verschlimmert das Problem im Lauf der Zeit also nur.
*Dautel, H., et al. „A novel test system for detection of tick repellents.“Entomologia Experimentalis et Applicata 91.3 (1999): 431-441.
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