Terriergeburtstag

Heute wird der Terrier sieben Jahre alt und das ist ein guter Anlass, auf (fast) sieben Jahre Leben mit Zweithund zurückzublicken. Der Terrier ist ein Tierschutzhund der damals mit knapp acht Wochen bei uns einzog. Vom ersten Augenblick an liebte er den Dicken, unseren bisherigen Einzelhund und Prinzen Gizmo den Berner Sennenhund. Er bekuschelte ihn, er kämpfte mit ihm, er schlief auf ihm und brachte ihm einmal einen Hühnerflügel, den er mit seinen Welpenzähnen nicht zerbeißen konnte. Apropos Zähne: Eine seiner liebsten Beschäftigungen war das Zähneputzen, das er hingebungsvoll beim Dicken durchführte. Der halbe Terrier-Schrumpfkopf steckte fast bis zum Hals im Berner-Schädel und genussvoll säuberte er sie bis in die hintersten Ecken. Das brachte ihm den Spitznamen Putzerfisch ein.
Der Terrier hat zwei Geschwister, einen Bruder und eine Schwester die beide aussehen wie kleine blonde Labradore. So war er schon von Anfang an das schwarze Schaf in der Familie, wenn es auch mit dem Charakter eines Lämmchens nicht weit her war. Wir besuchten ab der ersten Woche die Hundeschule. Am Anfang war es nur die samstägliche Spielstunde, dann eine Woche Welpenkurs und als er älter wurde kamen Gehorsamkeitstraining und Clickertraining dazu.
Er hatte also von klein auf schon immer viel Umgang mit anderen Hunden. Das hält ihn aber bis heute nicht davon ab, jeden Hund dem wir begegnen auf Terrierart zu begrüßen. Entweder er rast gleich wild bellend auf ihn zu oder schleicht sich in geduckter Haltung an. Besonders schlimm wird es, wenn sich der andere Hund davon einschüchtern lässt. Wir hatten schon Begegnungen mit erschreckt glotzenden Doggen die vom Terrier gestellt wurden, einen Aussie der vor Angst Reißaus nahm und dem der kleine Teufel hinterherjagte sowie fremde Berner, denen er einfach so mal einen Büschel Haare ausrupfte. Es gab viele, viele Momente bei denen ich vor Scham gerne im Boden versunken wäre.
Als er klein war hatte er eine ziemliche Zerstörungswut. Das fing in seiner ersten Woche hier an als er den Flip-Flop meiner Schwester um den Zehensteg erleichterte. Zahnstocher aus Holz machen war noch recht harmlos, aber als wir eines Abends heimkamen hatte er sein Kissen komplett zerlegt und fein säuberlich die Füllung rausgezupft. Auf sein Konto ging auch ein Kabel das er durchbiss, ein Teppich, ein Vorhang und ein selbstgestricktes Paar Socken.
Als der Terrier 1,5 Jahre alt war versuchten wir seine Verhaltensauffälligkeiten mit einem Kastrationschip in den Griff zu bekommen. Als der Tierarzt nach ein paar Monaten nachfragte, was der Chip gebracht hatte und wir sagten: Gar nix! meinte dieser nur lapidar: Also einfach nur verhaltensgestört. Damit war es also amtlich.
Dabei hat er durchaus auch seine kuscheligen Seiten. Als wir neue Badteppiche kauften lag plötzlich der Terrier dort wo er vorher noch nie war: Im Bad auf dem neuen, gelben, flauschigen Teppich. Also kauften wir ihm einen eigenen in freundlichem Braun. Ein paar Tage später schenkte der Gatte mir Angora-Socken und der Terrier flippte aus vor Freude, als wären es seine.
Weihnachten und Ostern gehen wir traditionell in den Park in die Hundeauslaufzone, in der sich locker mal 50 Hunde tummeln. Der Terrier schafft es, sie ALLE anzubellen. Man liest schon, ich habe ein wenig zwiespältige Gefühle ihm gegenüber, aber das beruht auf Gegenseitigkeit. Eines abends durfte der Terrier aufs Sofa und ließ sich vom Gatten den Bauch kraulen. Als dieser keine Lust mehr dazu hatte sagte er zu ihm: Geh zu Frauchen oder runter vom Sofa. Der Terrier bevorzugte letzteres.
Angeblich schlafen Hunde so um die 20 Stunden am Tag, was zumindest bei den Bernern in diesem Haushalt auch durchaus der Wahrheit entspricht. Für den jungen Terrier galt diese Regel nicht, der kam auch gut mit 9 Stunden aus. Die restliche Zeit tippelte er durchs Haus, kläffte irgendwas unsichtbares draußen an, unterhielt sich lautstark mit dem Nachbarshund oder knechtete seine hündischen Mitbewohner. In die Beine beißen, Zähne putzen, besteigen, Fell ausrupfen, dem Terrier fällt immer was ein. Fell ausrupfen macht er immer noch gerne, seine Liebe beweist er, indem er die Haare dann auch gerne verspeist.

19. März 2015 mit Flusenhaar
Sexuell ist der Terrier bis heute unentschlossen. Von läufigen Hündinnen lässt er sich problemlos abrufen, kastrierte Rüden sind sehr interessant und unkastrierte Hündinnen interessieren ihn nur in der langen Zeit, in der sie nicht läufig sind. Außerdem hat er ein bestimmtes Beuteschema: Bullige Damen mit zerknautschtem Gesicht. Zu seinen Liebsten zählten in den letzten Jahren Französische Bulldoggen, eine englische Bulldogge, mehrere Möpse – auch männliche – sowie ein Dogo Argentino, weiblich.
Ist draußen etwas los muss er es entweder lautstark kommentieren oder nachsehen, was da los ist – bevorzugt bei Gewitter oder Feuerwerk. Schussfest ist er definitiv. Während der Dicke einem mit Blicken zu verstehen gab, dass er gerne auf der Stelle sterben möchte tippelte der Terrier rum und fragt: Wo, wo, wo ist die Party?!
Ist Fellwechsel angesagt hat der Terrier es echt schwer: Es juckt ihn wochenlang fürchterlich. Dann wälzt er sich bei jeder Gelegenheit, vorzugsweise in Hinterlassenschaften von Tieren, die vorher 5 Kilo Spargel gegessen haben – zumindest riecht er dann so. Daheim nimmt er gerne einen Stuhl – immer einen, wo jemand drauf sitzt – und schabt sich wie ein Wildschwein den Rücken. Ich hasse das schubbernde Gefühl von unten, er weiß das und macht es mit Absicht, da bin ich mir sicher.
Daneben ist er unglaublich anschmiegsam und verschmust. Er liebt es zu arbeiten und lernt nicht nur irre schnell sondern führt Kommandos auch zackig wie ein Soldat aus. Sein Arbeitsmodus ist legendär und er schmachtet einen regelrecht an in der Erwartung einer Tätigkeit, die er ausführen soll. Legt er seinen Kopf irgendwo auf macht er dabei schnorchelnde Darth-Vader-Geräusche. Manchmal sehen seine Ohren aus wie bei einer Fledermaus. Seine Knopfaugen sind herzzerreißend süß. Er hat so viele Ticks und hat sich selber ein unglaubliches Arsenal an Ritualen zugelegt. Zieht man eine Hose an muss er zum einen immer dabei sein, zum anderen schmeißt er sich einem dann vor die Füße und rollt auf den Rücken. Er ist vom Tiefschlaf in 0,3 Sekunden wach und auf den Beinen.
Komme ich morgens aus dem Bad ist eine Schmuserunde angesagt bevor es zum Gassi geht. Je nach Uhrzeit ist der Terrier dann entweder quietschfidel und springt rum wie ein Flummi oder er ist noch etwas unausgeschlafen. Das merkt man daran, dass er brummt wie ein Teddybär wenn man ihn streichelt. Ist er gut gelaunt gibt es einen der ganz besonders wertvollen Terrierküsse die er 6 Jahre lang gar nicht verteilte und auch heute nur alle paar Wochen.

Sitzschlaf
Er hat diese wurmigen Eigenschaften. Denn steht ein Berner vor dem Bett oder Sofa um gestreichelt zu werden hat der Terrier logischerweise keinen Platz. Doch wie ein Wurm kommt dann plötzlich irgendwo am Berner vorbeigezwängt das kleine Schrumpfköpfchen und grunzt dabei wohlig und auffordernd. Er ist dann so nah an der Fluse dran, dass man meinen könnte, dieser wäre ein zweiter Kopf gewachsen.
Kommen wir von draußen vorne zur Haustür rein geht er schnurstracks bis zur Terrassentür und will wieder hinaus, den Garten kontrollieren. Er kackt grundsätzlich an den Wegerand, am liebsten an Kreuzungen, Einmündungen oder auf Feldwegen in die grasbewachsene Mitte. Einmal kackte er so nah an einen Gartenzaun, dass seine Hinterlassenschaften auf das dahinterliegende Schrebergarten-Grundstück fiel. Die Dame des Hauses bemerkte es zwar nicht, reichte mir aber dennoch freundlicherweise auf Nachfrage eine kleine Plastiktüte. Diese lag wohl leider schon 10 Jahren in ihrem Gartenhäuschen und zerriß prompt, als ich beherzt in den Haufen griff.
Wir sind uns sicher, der Terrier wird mindestens 18 und wir müssen ihn dann im Rollstuhl durch die Gegend schieben. Schneeweiß wird er sein und das Alter wird ihn sicher nicht milde stimmen sondern noch giftiger werden lassen.
In den letzten sieben Jahren wäre das Leben ohne den kleinen Giftzwerg nicht halb so lustig, abenteuerlich, spannend und zum heulen gewesen. Trotz oder gerade wegen all dieser Macken ist er unersetzlich, einzigartig und etwas furchtbar, furchtbar besonderes. Alles Liebe zum Geburtstag kleiner Mann <3.